Schwarzwaldstrand by Rieckhoff Alexander · Ummenhofer Stefan
Autor:Rieckhoff, Alexander · Ummenhofer, Stefan [Rieckhoff, Alexander · Ummenhofer, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492963220
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
21. Vermächtnis einer Toten
Es war inzwischen schon fast Abend, als sie sich endlich in der Nähe des Bungalows trafen. Marco jammerte: »Isch kann entlassen werden.« Und wenige Sekunden später: »Isch werde ganz sischer entlassen …«
»Ganz sicher nit«, beschwichtigte Winterhalter in nicht viel klarerem Deutsch.
Hummel sagte gar nichts. Er war mit der Situation leicht überfordert. Einerseits, weil er widerrechtlich in den Bungalow eindringen würde. Andererseits, weil er diesen Typen zum Komplizen hatte, der permanent seine Tochter anbaggerte und dabei nicht lockerlassen wollte.
»Isch tue das nur für Martina«, betonte er nun wieder. »Sie ist eine wunderbare Frau.«
»Sie ist ein Mädchen«, widersprach Hummel. »Und verheiratet.«
»Ich will mich nit einmische, Herr Hummel«, meinte Winterhalter. »Aber wenn sie verheiratet isch, dann isch sie allein schon vom Alter her ä Frau. Und sie isch jo auch schon dreiundzwanzig oder vierundzwanzig, oder?«
Martina hatte ihren gesamten Charme in die Waagschale werfen müssen, um Marco zu überreden – und zuvor wiederum Winterhalter seinen kompletten Charme, um Martina zu überreden, überhaupt mit Marco zu sprechen.
Möglicherweise hoffte sie damit, Marcos Reputation bei ihrem Vater zu verbessern. Das vermutete jedenfalls Hubertus, und er fand es beunruhigend, denn es bedeutete, dass Martina tatsächlich etwas an diesem Typen lag.
Er nahm sich vor, baldmöglichst ein Vater-Tochter-Gespräch mit ihr zu führen. Eines, in dem er an ihr Verantwortungsgefühl als Mutter und Ehefrau appellierte. Er ahnte schon jetzt, dass das Gespräch fürchterlich enden würde …
Auf jeden Fall hatte Marco sich breitschlagen lassen, jedoch betont, er könne erst an den Schlüssel kommen, wenn der Campingplatzchef beim Abendessen sei. Zunächst hatte er auf keinen Fall zum Bungalow mitgehen wollen, es dann aber doch als sinnvoller empfunden.
Er hoffte wohl, auf diese Weise Pluspunkte bei Martinas Vater sammeln zu können.
Der Bungalow lag in einem separaten Areal, in dem sich ausschließlich Mobilheime und kleine Ferienhäuschen befanden. Hier tummelten sich vorwiegend ausländische Urlauber, die weder Wohnwagen noch Zelt hatten. Doch auch etliche Italiener aus Venedig und Umgebung kamen regelmäßig über das Wochenende hierher.
Deutsche fand man hier eher weniger – wohl einer der Gründe, weshalb es am Vorabend für Winterhalter und Hummel keine präziseren Informationen von direkten Nachbarn über die Tote gegeben hatte.
Der Bungalow war etwa vierzig Quadratmeter groß und leidlich aufgeräumt. Sowohl die Einrichtung als auch das, was die Verstorbene hier hinterlassen hatte, war zweckmäßig.
Zwei Fleecepullis, einen Rock, Unterwäsche, Schminksachen, Toilettenartikel, ein, zwei Bücher.
»Snell, bitte, meine Erren«, bat Marco, der an der Tür Schmiere stand und mit der Situation sowie mit dem Sch Probleme hatte.
Winterhalter, der eine solche Durchsuchung nicht zum ersten Mal erlebte, fand schließlich im Badezimmer etwas Auffälliges: »Des isch Spritzenbesteck«, sagte er trocken.
»Also doch Drogen?«, fragte Hubertus. Zum Glück hatte er keine Erfahrung damit – weder als Vater noch als Lehrer.
In der Studienzeit hatten Elke und er zwei-, dreimal gekifft. Das war’s.
Härtere Drogen kannte er nur vom Hörensagen, auch wenn es in seiner damaligen Jahrgangsstufe einen Drogentoten gegeben hatte. Und das war dreißig Jahre her.
»Und jetzt?«, fragte Hummel.
»Des fotografier ich«, beschloss Winterhalter, der die Utensilien begutachtete. Spritze, Nadeln und Löffel schienen sauber, lagen aber dennoch so offen herum, als seien sie in der Vergangenheit in Gebrauch gewesen.
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